Weisses Venn

Während der letzten Eiszeit war die ganze westfälische Bucht mit Gletschereis bedeckt. Die Klimaerwärmung, die damals ganz ohne Einfluss des Menschen einsetzte, führte zum Abschmelzen des Eispanzers. Zurück blieb eine Landschaft mit zahlreichen Seen, die mit der Zeit zu Mooren wurden. Meist waren dies Niederungsmoore wie Kuhlenvenn und Schwarzes Venn. Beim heutigen Hochmoor war vor etwa 6000 Jahren aus einem verlandeten See ein Niederungsmoor entstanden. Hohe Niederschlagsmengen förderten ein intensives Torfmooswachstum, so dass sich die Fläche mit der Zeit über die Umgebung emporhob: Ein Hochmoor bildete sich. Hatte es zunächst noch vereinzelten Baumwuchs gegeben, verschwanden die Bäume später, das Moos ließ nur noch Strauchwachstum zu. Als die Menschen die Umgebung des Moores besiedelten, sahen sie eine große weiße Fläche, wenn das Wollgras blühte. Aus diesem Grund gaben sie dem Moor den Namen „Weißes Venn“.

Die zwölf Quadratkilometer Moor zwischen Reken und Gescher waren für den Menschen eine unwirtliche Gegend. Jahrtausendelang blieb sich die Natur selbst überlassen. Birkhahn und Vennetüte hatten hier ihr Revier. Man nimmt an, dass vor 1000 Jahren die Moornutzung einsetzte. Der Mensch hatte den Torf als Brennmaterial entdeckt. Von den Rändern des Moores aus arbeiteten sich die meist bäuerlichen Torfstecher vor. Im April/Mai wurde der Torf gestochen und zum Trocknen gestapelt. Ab Juli begann man, den Trockentorf abzufahren.

Besitzer des Weißen Vennes waren mehrere Markengenossenschaften. Der Anteil auf dem Gebiet der heutigen Stadt Gescher gehörte zur Tungerloher Mark. Die Mark, zu der neben dem Moor auch weite Heidegebiete gehörten, wurde von den Markengenossen – den Bauern und ihren Grundherren – gemeinschaftlich verwaltet. Der Unter-Holzrichter wies den Familien ihre Torfkuhlen an, die sie nur für den eigenen Bedarf nutzen durften.

1828 wurde die Teilung der Tungerloher Mark eingeleitet, zu der damals etwa 27 bis 28 Quadratkilometer Fläche gehörten. Das Hohe Venn, der Anteil Geschers am Weißen Venn, wurde von der Teilung zunächst ausgenommen. Durch die Privatisierung des Gemeinschaftsbesitzes versprach man sich eine intensivere Nutzung und damit einen wirtschaftlichen Aufschwung der Höfe.

In Folge der Markenteilung kam es zu ersten Ansiedlungen im Bereich des heutigen Hochmoor, zumeist entlang des Klyer Dammes oder Velener Weges, der von der Klye nördlich des Moorgebietes fast schnurgerade nach Velen führte. 1846 siedelten die Familien Höbing-Bücker und Steggers (Büning), es folgten bis 1868 die Familien Gosen, Wigger (Ross), Saalmann, Gebrüder Schulz, Victor (Rennert) und Kerkfeld. Im Volksmund hieß diese kleine Ansiedlung bald „Neu-Tungerloh“. Mühselig war der Beginn dieser Siedlungen, musste doch zunächst der Heideboden urbar gemacht werden. Von der kleinen Landwirtschaft konnte man nicht leben und so verdiente man als Weber oder Tagelöhner dazu.
Bei der Teilung des Moores bildete man schmale, aber lange Parzellen, denn jedes Grundstück hatte Anschluss an den umlaufenden Wegen. Wege im Moor gab es nicht. Die Flächen waren nur als Torfstich zu nutzen.

Von Willi Wiemold

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